Taktik macht nicht nur Spaß, sondern auch Lust auf mehr!

Der Hörsaal mit seinen Ausbildern OTL a. D. Bettendorf (1. Reihe, 6. v. l.), OTL a. D. Baumer (2. Reihe, 1. v. l.) und OTL d. R. Dr. Gimmler (3. Reihe, 1. v. l.), sowie Fr. Aschbauer (2. Reihe, 2. v. l.).

München ein, um ihr taktisches Wissen im dreitägigen Grundlagenseminar Taktik (Süd) auf Bundesebene durch die berufs- und ausbildungserfahrenen Fachlehrer Taktik OTL a. D. Manfred Bettendorf und OTL a. D. Jürgen Baumer auffrischen zu lassen. Unterstützung kam durch OTL d. R. Dr. Karl-Heinz Gimmler, der aus der digitalen Ausbildung des VdRBw mit seinem Unterricht zur improvisierten Panzerabwehr bekannt ist.

Der Anreisetag begann mit einer Vorstellung des Ausbildungspersonals. Die anschließende ausführliche Erläuterung des Hauses der Taktik machte die Abgrenzung zwischen der taktischen Ausbildung auf Landes- und Bundesebene deutlich, die sich auch auf die angesprochene Zielgruppe auswirkt: Während auf Landesebene auf Ebene Kompanie ausgebildet wird, spricht die Bundesebene die Ebene eines verstärkten Kampftruppenbataillons an, weshalb ein gewisses Maß an Vorwissen zur Taktik der Teilstreitkraft Heer mitzubringen ist, um von der Ausbildung auch maximal profitieren zu können. Doch dazu später mehr. Des Weiteren wurde auch die im Aufbau befindliche Multiplikatorenausbildung für die taktische Weiterbildung der Heimatschutzkräfte vorgestellt.

Bei der folgenden Vorstellung der Teilnehmer zeigte sich wieder, dass die Reserve ein bunter Querschnitt durch die Gesellschaft ist: Der Hörsaal umspannte von der Altersstruktur mehr als drei Jahrzehnte, brachte die unterschiedlichsten zivilen Berufe vom Finanzbeamten über den Forstwissenschaftler, heilpädagogischen Förderlehrer und Zahnarzt bis zum Nautiker mit und die unterschiedlichsten militärischen Werdegänge vom langdienten Zeitsoldaten bis zum Reserveoffizieranwärter, der nach Aussetzung der Wehrpflicht seine Grundausbildung in der vierwöchigen Ausbildung Ungedienter für die Reserve nachholte.

Deutsche und österreichische Kameraden an der SanAk in München.

Selbstredend war der Hörsaal klar heeresdominiert, aber neben einigen Luftwaffenangehörigen waren auch jeweils drei Kameraden der Marine und des Sanitätsdienstes vertreten. Eine Premiere erlebten selbst die Taktiklehrer durch den österreichischen Kameraden Leutnant der Miliz Albrecht Spiess, der dank der Verbindung über die Offiziergesellschaft Wien als erster Teilnehmer unseres südöstlichen Nachbarlandes teilnahm.

Im Rahmen einer „Lagefeststellung“ wurde nun sichergestellt, dass die Teilnehmer über das nötige Vorwissen verfügen, um dem Unterricht der kommenden beiden Tage reibungslos folgen zu können. Abrufbar sein sollten unbedingt die grundlegenden militärischen Symbole, der Ablauf eines Lagevortrags zur Unterrichtung (LVU) und das Führen von Lagekarten zur Lagedar- und -feststellung.

Der erste Unterrichtsabend wurde mit der Ermunterung der Taktiklehrer, alle einem noch so unbedeutend erscheinenden Fragen zu stellen, und ihrem Versprechen, keine Frage offen zu lassen, beendet.

In den kommenden anderthalb Tagen von Samstagfrüh bis Sonntagmittag folgte ein straffer Ritt durch die Inhalte, die genau auf diesem Niveau im Rahmen der aktuellen taktischen Ausbildung der Reserveoffiziere in deren Lehrgängen vermittelt werden. Denn das ist der Sinn und Zweck des Grundlagenseminars, dieses Wissen, was bei der Mehrheit der Teilnehmer irgendwann in deren militärischer Vergangenheit angelegt wurde, wieder in Erinnerung zu rufen, um es bei den späteren Aufbaulehrgängen anwenden zu können.

Dazu gehörten im Wesentlichen die Grundlagen der Truppenführung, mit den Anforderungen an das Führungsverhalten militärischer Führer und dem Prinzip des Führens mit Auftrag einerseits und den Grundsätzen zum Einsatz von Kräften und Mitteln, also dem, was eigentlich mit Taktik gemeint ist, andererseits sowie den wichtigsten taktischen Aktivitäten. Es folgten die Grundsätze des Einsatzes der verbundenen Kräfte und des Gefechts der verbundenen Waffen mit einer umfangreichen Vorstellung der Fähigkeiten der verschiedenen Waffengattungen des Heeres und deren Zusammenwirken. Auch wurde auf die Bedeutung der beiden Aufträge der Bundeswehr, der Landes- und Bündnisverteidigung, eingegangen.

Einweisung in die Übungslage durch OTL a. D. Baumer.

Bei der anschließenden Behandlung des Führens im Einsatz mit dem besonderen deutschen Führungsprozesses der Landstreitkräfte diente die Übungslage WANTEWITZ mit PzGrenBrig 61 und dem unterstellten verstärkten PzGrenBtl 612 in der Verteidigung als Übungstruppe BLAU. Natürlich wurden auch die Einsatzgrundsätze der Kräfte ROT besprochen, mit dem Hinweis auf die Bedeutung bei der Beurteilung gegnerischer Kräfte. Der Führungsprozess wurde ausführlich dargestellt und besprochen.

Beurteilung der Lage. In der heterogenen Gruppe ist der gemeinsame Zeichenvorrat essenziell.

Auch wenn die schweißtreibende Intensität des Unterrichts durch das heiße, aber lockende, Sommerwetter vor dem Seminarraum noch verstärkt wurde, kamen Leib und Seele an diesem Wochenende nicht zu kurz! Lage und Ausstattung der Lehr- und Unterkunftsgebäude an der SanAk in München lassen keine Wünsche offen. Verpflegt wurde mittags mit voller Auswahl in der Truppenküche und abends gab es im wahrsten Sinne des Wortes eine gegrillte Extrawurst für die Mannschaft des Grundlagenseminars durch das Ehepaar Kaufmann, welches die Heimgesellschaft SansiBar betreibt und an diesem Wochenende extra geöffnet hatte.

Und so gab es am Freitag- und Samstagabend bei bestem Wetter ausreichend Gelegenheit zum kameradschaftlichen Austausch mit Taktiklehrern und Teilnehmern, um nicht nur die letzten taktischen Fragen zu klären, sondern die Kameradschaft zu pflegen und zu netzwerken. Denn die Reserve bietet über die militärische Gemeinschaft auch immer die Gelegenheit, private Verbindungen zu entdecken.

An dieser Stelle sei nicht nur das Engagement der Lehrgangsteilnehmer hervorgehoben, ein Sommerwochenende, bei einigen sogar mitten im Urlaub, größtenteils innen zu verbringen, sondern auch der Einsatz der Taktiklehrer, die das alles ebenfalls in ihrer Freizeit erst möglich machen und immer wieder aufs Neue die gleichen Inhalte vermitteln und sich unermüdlich den wiederkehrenden Fragen stellen. Aber: Nicht möglich wäre dies ohne den engagierten Einsatz der Kameradin Ines Aschbauer, die als zivile Hauptamtliche des VdRBw, OrgLeiterin der Geschäftsstelle Murnau, die Taktikseminare der Bundesebene in München organisiert, vor Ort begleitet und alle Anwesenden mit einem ständigen Strom an frischem Kaffee und einer umfangreichen Pausenverpflegung wohlbehalten durch den Tag gebracht hat.

Zum Abschluss bleibt zu sagen: Die aktuelle sicherheitspolitische Lage Europas bedarf dringend einer gut ausgebildeten und bereiten Reserve auf allen Ebenen, die ihren Anteil zur militärischen Schlagkraft der Bundeswehr beitragen kann. Wer sich nicht ohnehin in steter Übung befindet, dem sei die taktische Aus- und Weiterbildung des Arbeitskreises der Taktik- und Logistiklehrer im Reservistenverband wärmstens empfohlen. Und wer nicht gerade die Reserveoffizierausbildung an der Offizierschule des Heeres abgeschlossen hat, dem sei das Grundlagenseminar ans Herz gelegt, um auf die anschließenden Aufbaulehrgänge ausreichend vorbereitet zu sein. Denn am Ende der Seminarreihe lockt ein sicher einmaliges Erlebnis, die SIRA (Simulationsgestützte Rahmenausbildung) in Hammelburg, bei der man im simulierten Gefecht in unterschiedlichen Funktionen bei dem verstärkten PzGrenBtl 514 oder bei der Übungstruppe ROT beziehungsweise im Leitungsdienst als Finale der Ausbildungsreihe mitwirken kann.

Noch eine kleine Empfehlung: Die im Voraus zur Verfügung gestellten, umfangreichen Unterlagen dienen nicht nur zum Ausdrucken. Wissenslücken bei den oben genannten Voraussetzungen können und sollten damit geschlossen werden. Es wird empfohlen, die Befehle der PzGrenBrig und des PzGrenBtl einmal durchzuarbeiten und an den Operationsplänen in Verbindung mit der vermuteten Absicht des Feindes abzugleichen.

Carolina Allin, OTL d. R.