Die Kunst der Verteidigung

oder

Wie man durch einen strukturierten Prozess zum Ziel kommt

„Der General, der eine Schlacht gewinnt, stellt vor dem Kampf im Geiste viele Berechnungen an. Der General, der verliert, stellt vorher kaum Berechnungen an. So führen viele Berechnungen zum Sieg und wenig Berechnungen zur Niederlage – überhaupt keine erst recht! Indem ich diesem Punkt Aufmerksamkeit widme, kann ich voraussagen, wer siegen oder unterliegen wird.“ – Sunzi 544-496 v.Chr.

Zugegeben der Einleitungssatz ist sehr plakativ und dennoch zutreffend – auch wenn der Führungsprozess der Landstreitkräfte nicht wie eine Rechenaufgabe gelöst kann. – Am Beispiel der

Verteidigung des Thüringer Beckens übten die Reservisten unter Anleitung der Taktiklehrer OTL a.D. Manfred Bettendorf und OTL a.D. Jürgen Baumer den Führungsprozess der Landstreitkräfte.

Die Aufgaben, die die Lehrgangsteilnehmer zu bewältigen hatten, waren nicht unerheblich und im Vorfeld wurde viel Lernstoff zu Verfügung gestellt, den die Lehrgangsteilnehmer im Eigenstudium vorzubereiten hatten.

Die Problemstellung lautete: „Planen Sie eine Verteidigung für einen Raum gegen einen Gegner, der nummerisch in der Überzahl ist und halten Sie die Stellung, um dem übergeordneten Befehlshaber die Möglichkeit zum Gegenangriff zu bieten. Eingebettet in die Rahmenlage einer völkerrechtswidrigen Invasion mit großen Truppenkontingenten auf der Gegenseite und der Verteidigung eines NATO-Mitgliedes durch eine multinationale Koalition des Bündnisses auf der anderen, ermittelten die Teilnehmer in Gruppenarbeit zunächst auf Basis des Brigadebefehls den eigenen Auftrag und die wesentliche Leistung für den Auftrag – Auswerten des Auftrages (kurz AdA)

„PzGrenBtl 514 verstärkt vermindert verteidigt entlang der FEBA Staußfurt – Sömerda die Stellung 3.1, um so die Voraussetzung für die Zerschlagung der Folgekräfte durch den Gegenangriff Hammer der 5. Panzerdivision zu schaffen.“

In einem Lagevortrag zur Einleitung der Lagebeurteilung (LVEinl) ergaben sich erste Hinweise und Prüffragen, z.B.

„Wie kann mit dem Fluss Unstrut mit hohem Einsatzwert an der FEBA verteidigt werden?“

die in der anschließenden Beurteilung der Lage sukzessive abgearbeitet wurden. Stichwort Prüffragen. Hierzu wurden Informationen aus dem grafischen Operationsplan, genauso wie aus dem Brigadebefehl herangezogen, um das Lagebild allmählich zu verdichten.

In die Beurteilung gingen die Einflussfaktoren wie Umweltbedingungen (bspw. Winter, mit schlechter Sicht und Nebel/Schneefall bei Nacht), Informationsumfeld (Desinformation durch Feind), Bedrohungen, die Zivile Lage wie Flüchtlinge / Zurückgebliebene, NGO/GO uvm., die Feindlage – Gesamtüberblick, Kräftegruppierungen, Möglichkeiten und vermutete Absicht ein.

„Ein mechanisiertes Regiment mit zwei verstärkten mechanisierten Bataillonen nebeneinander, Schwerpunkt links und einem verstärkten mechanisiertem Bataillon im Schwerpunkt folgend, beidseits der Achse Alperstedt Herrnschwende nimmt den Raum Greußen als Zwischenziel des Regiments, greift danach…, um so die Voraussetzung für die Einführung Folgekräfte zu schaffen“

Vervollständigt wurde die Lagebeurteilung durch die Beurteilung der eigenen Kräfte mit Leistungsvermögen und Einsatzwert, die teils in Gruppenarbeit erarbeitet wurden und teils in Vorträgen die Themengebiete abgehandelt wurden.

Insbesondere bei der Feindbeurteilung und die Beurteilung der eigenen Truppen wurde die meisterliche Kunst der Taktiklehrer deutlich, die aus rechnerischen Größen und „Softskills“ ein belastbares Ergebnis für Feststellung der Lage erzeugten.

OSAp d.R. S. Schneider beim Vortrag der Arbeitsergebnisse

Anschließend wurden die die Möglichkeiten des eigenen Handelns in Entschlussform festgestellt. Die Taktiklehrer legten ein besonderes Gewicht auf die Form und den Gebrauch der richtigen Vokabeln und korrigierten die Teilnehmer, um sie auf den geforderten Stand zu bringen. Ziel war es, die beste Aufstellung für die Erreichung des Auftrages für Rot (Worst-Case-Szenario für Blau) als auch für Blau (Worst-Case-Szenario für Rot) zu finden.

Im folgenden Unterricht Kräfte und Fähigkeitsvergleich, also Gesamtkräfteverhältnis, Kräfte-/ fähigkeit und Einsatzwertvergleich wurde nun gefechtsphasenweise / abschnittsweise das beabsichtigte Gefecht im Hinblick auf die Feind-Freund-Kräfteverhältnis beurteilt. Wie viele Schützenpanzer hat Rot im Vergleich zu Blau, wie viele hat Kampffahrzeuge hat Blau insgesamt in Bezug auf den Feind. Wie viele Kampfpanzer haben die ersten zwei angreifende Bataillone Rot im Vergleich zu Bataillon Blau, wie ist das Kräfteverhältnis Rot versus Blau. Stimmen die Verhältniszahlen insgesamt und Phasenweisen, wie sind die Fähigkeiten in einzelnen zu bewerten.

Diese und weitere Fragen des Kräfte- und Fähigkeitsvergleich wurden schrittweise abgearbeitet.

 Am Schluss „wählten“ die Lehrgangsteilnehmer die beste Aufstellung für

die Erreichung des Auftrages aus und stellten diese wieder in Entschlussform dar.

In der Folge wurde jede Kompanie mit weiteren Kräften ausgestattet bzw. musste Teile abgeben, damit der Auftrag bestmöglich ausgeführt werden konnte – Stichwort Truppeneinteilung.

Am Ende des Lehrgangs stand der Entschluss und somit die Ziffer 3a des Befehl Nr.1 für die Verteidigung fest,

„PzGrenBtl 514 verstärkt vermindert verteidigt mit drei Kompanien nebeneinander und einer Panzerkompanie in Reserve entlang der FEBA Staußfurt – Sömerda die Stellung 3.1, um so die Voraussetzung für die Zerschlagung der Folgekräfte durch den Gegenangriff Hammer der fünften Panzerdivision zu schaffen. Das Gefecht wird in drei Phasen geführt:

  • Phase I Aufnahme von Teilen Aufnahme der Teile der altroverdischen Division
  • Phase II Verteidigung des zugewiesenen Verteidigungsraumes im Erfurter Becken
  • Phase III halten der Stellung 3.1
  • […]“

mit dem die Teilnehmer in der Geländebesprechung in den zweiten Teil des Aufbaulehrgangs Taktik starten werden. „To be continued…“

Fazit:

Es war wieder einmal ein sehr anspruchsvoller Lehrgang mit Teilnehmern aus allen Dienstgradgruppen vom Portepeeunteroffizier bis zum Stabsoffizier und allen TSK und Truppengattungen über Artillerie und Aufklärer über Panzertruppen bis hin zur Sanität.

 Die Zeit verging wie im Flug, und das lag vor allem an den beiden Taktiklehrern OTL a.D. Bettendorf und OTL a.D. Baumer. Sie vermittelten spannend, stringent die Lehrgangsinhalte und forderten, aber überforderten die Lehrgangsteilnehmer nicht. Das Konzept aus „kleinen“ „Kampfgruppen“ für die Gruppenarbeit und Unterrichtung verdichtete den Stoff schnell und bleibt für folgenden Lehrgänge im Kopf.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Organisation durch den VdRBw hier in Form von Frau Aschbauer wieder herausragend war. Chapeau!

Ebenso ist die Liegenschaft der Sanitätsakademie zu loben – ein Taktiklehrsaal auf die Bedürfnisse der Lehrgangsteilnehmer zugeschnitten und gepflegte Offiziersstuben mit Dusche und WC sind heute immer noch keine Selbstverständlichkeit.

Ich kann jedem Reservisten nur empfehlen, die Taktikschulungen des VdRBw mitzumachen, egal ob es sich um die Gruppenführerebene oder wie hier um die Bataillons- oder Brigadeebene handelt. TAKTIK MACHT nicht nur SPASS, sondern die hier vermittelten Inhalte können universell in allen – und nicht nur militärischen- Bereichen eingesetzt werden, wenn es darum geht, strukturiert durch eine Problemstellung zu einem Ziel zu kommen.

Oberstabsapotheker d.Res. Sascha Schneider

Taktik Grundlagenseminar in Delitzsch

„Unsere Wehrhaftigkeit erfordert eine kriegstüchtige Bundeswehr.“ Bundesministerium der Verteidigung, Verteidigungspolitische Richtlinien 2023 vom 9. November 2023, S.9

Dieser zentrale Satz aus den Verteidigungspolitischen Richtlinien 2023 fasst den systemischen Paradigmenwechsel der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik prägnant zusammen, der das Leitmotiv für die Bundeswehr heute und in die Zukunft gerichtet darstellt. Die globale sicherheitspolitische Volatilität erfordert eine stringente und konsequente Refokussierung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung im gesamtstaatlichen Kontext. Um diesen neuen Auftrag auch effektiv wahrnehmen zu können, muss die militärische Königsdisziplin „Taktik“ erlernt, verstanden und angewendet werden können.

Um sich das theoretische Rüstzeug zur Besteigung des Berges „Taktik“ anzueignen, haben sich 17 Teilnehmende aus den Laufbahngruppen der Offiziere und Unteroffiziere jeglicher Truppencouleur zum Grundlagenseminar vom 14. bis 16. Februar 2025 in der Feldwebel-Boldt-Kaserne im sächsischen Delitzsch eingefunden. Unter dem Motto „Taktik macht Spaß“ wurde hier unter der Führung der Taktik- und Logistiklehrer OTL a. D. Jürgen Baumer und OTL a. D. Henrik Guttau das konzeptionelle Fundament als unbekanntes Terrain erkundet.

Ziel war es, die Teilnehmenden das breite Spektrum der Taktik – von der Truppenführung und militärischen Symbolen über Führungsverhalten und Einsatzgrundsätze bis zur Stabsarbeit – heranzuführen und erste ggf. bestehende Hindernisse zu überwinden. Der Schwerpunkt des Seminars bildete dabei der Führungsprozess des militärischen Führers und die integrierte Entscheidungsfindung als integrale Komponente einer erfolgreichen Lageanalyse. Hierzu wurde von einer fiktiven militärischen Spannungslage ausgegangen, die prozessual strukturiert von den Teilnehmenden bearbeitet werden sollte. Die langjährige und extensive Expertise beider Ausbilder stellte eine wertvolle Unterstützung dar, mit deren Hilfe die einzelnen Prozessabschnitte von der Lagefeststellung über die Entscheidungsfindung und Planung bis zur Befehlsgebung auf Bataillonsebene detail- und bildreich thematisiert wurden. Zur inhaltlichen Vervollständigung wurden auch Grundsätze für die Führung von Lagekarten, Einsatzgrundsätze eigener und feindlicher Kräfte und Grundlagen der Stabsarbeit innerhalb eines Bataillonsgefechtsstands vermittelt. Die wechselnden theoretischen und praktischen Unterrichtseinheiten zeigten den engagierten Reservedienstleistenden, was erforderlich ist, um in der Taktik zu bestehen. Eine klare Herausforderung war die Stofffülle und die zügige Bearbeitung der praktischen Aufgaben, die in diversen Arbeitsgruppen gelöst werden sollten. Die Ergebnisse und Lösungsansätze der Kameraden zeugten von Handlungssicherheit und Lernfreude. Auf diese Weise entstand das Gefühl, die Taktik als effektive Methodik kennenzulernen – und dies nicht nur für den militärischen Bereich, sondern auch für den privaten bzw. zivilen Bereich. Dies basiert auf der Tatsache, dass der Führungsprozess der Bundeswehr einen geordneten Ablauf Entscheidungsfindung darstellt, der grundsätzlich unter den Prämissen von Informationsmangel, Zeitnot und -druck wirksam umgesetzt werden muss. Übertragen auf Situationen und Aufgaben im zivilberuflichen oder privaten Bereich kann dieser Führungsprozess helfen, folgende Kernfragen zu beantworten: Wie gestaltet sich die aktuelle Ausgangslage?  Was ist das Ziel? Welche Rahmenbedingungen bestehen? Welche Einflussmöglichkeiten bestehen und welche nicht? Wie sind valide Entscheidungen ableitbar? Und wie kann oder sollte auf diesen Entscheidungen gehandelt werden und bis wann? Wer sich diese Führungskompetenz aneignen kann, ist in jeglichen Organisationen sehr gefragt.

Am Ende des Seminars hatten alle Seminarteilnehmer verstanden, dass nur eine konsequente Anwendung des Führungsprozesses die Grundlage für ein entschlossenes, zielgerichtetes Handeln des militärischen Führers ist. In der Abschlussbesprechung bewerteten die Teilnehmer das Seminar in summa sehr positiv. Die Quintessenz kann daher wie folgt formuliert werden: Taktik macht Spaß!  

Die gesamte Lehrveranstaltung im Bereich der Aufnahme, der Verwaltung und Betreuung wurde durch den Org. Leiter GS, Herrn Steffen Bräutigam, logistisch nicht nur unterstützt, sondern auch zu einem sehr ausgeprägten positiven Erlebnis. Er sorgte jeden Tag für frische Heißgetränke und für einen absolut reibungslosen organisatorischen Ablauf. Ein zusätzlicher Dank gilt auch den Kameradinnen und Kameraden des Bezirksvorstandes, die im Hintergrund bei der Durchführung mitgewirkt haben.

Anmelden und mitmachen

Interessenten aus den Dienstgradgruppen der Offiziere und Unteroffiziere mit Portepee in herausgehobener Dienststellung (Kompanie-Ebene, Zugführer, Kompanietruppführer, ab Bataillons-Ebene als S1- bis S6-Feldwebel) finden unter www.taktik-logistiklehrer.de die aktuellen Termine der kommenden Seminare für das Jahr 2025.

Marcel Borowski, MPA und M.A. sowie OFR d. R.


PzGrenBtl 514 verteidigt erfolgreich gegen Kräfte der 4. (WIS) MechDiv im THÜRINGER BECKEN

An der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München fand vom 30. August bis 1. September 2024 das Aufbauseminar III zur „Taktischen Weiterbildung für Reserveoffiziere – Entscheidungsfindungsprozess in der laufenden Operationsführung Gefechtsstandausbildung“ statt. Die Leitung oblag den Taktik- und Logistiklehrern Oberstleutnant a.D. Manfred Bettendorf und Oberstleutnant a.D. Jürgen Baumer, die zuletzt als Berufsoffiziere ihren Dienst versahen und sich über das reguläre Dienstzeitende hinaus für die Bundeswehr engagieren.

Über drei Tage wurden 24 Reservisten und aktive Soldaten aus dem gesamten Bundesgebiet zu den neuesten Kenntnissen der Führung im Gefecht in der defensiven Operationsart Verteidigung geschult. Dabei wurden mit Lagekarten und Handkarten anspruchsvolle Aufgaben zu Lagefeststellung und Lagedarstellung erarbeitet, Lagediktate aufgenommen und Gefechtsbefehle erstellt.

Ziel war es, dass die Teilnehmenden einen Gefechtsstand einrichten, als Kommandeur eine Lagebeurteilung durchführen und folgerichtige Entschlüsse formulieren sowie Operationspläne erstellen können. Ebenfalls wurde die Erstellung eines auf dieser Befehlsgebung basierenden Lagevortrags zur Unterrichtung geübt. Dieser baute auf den zuvor im Lagediktat gewonnenen Erkenntnissen auf. Die realistischen Eindrücke aus zahlreichen Einsätzen und Übungen, unterstützt durch den großen Erfahrungsschatz der Ausbilder, vermittelten den Teilnehmenden ein plastisches Bild von diesen Tätigkeiten. Die modularen und inhaltlich aufeinander aufbauenden Stränge der taktischen Weiterbildungen werden in einem abschließenden SIRA-Durchgang zusammengeführt. Dieser findet an der Infanterieschule HAMMELBURG vom 04.-11.10.2024 statt.

Den Soldatinnen und Soldaten wurde an diesem Wochenende die Gelegenheit geboten, im Rahmen einer anspruchsvollen Schulung, die auf den zuvor absolvierten Modulen aufbaute, die Arbeit auf einem Gefechtsstand und die Grundzüge der Taktik ebenen gerecht in der laufenden Operationsführung zu vertiefen.

Daneben wurden Erfahrungen, Tipps und Tricks ausgetauscht. Insbesondere die Arbeit in Arbeitsgruppen festigte das Netzwerk zwischen den Teilnehmenden sowie zwischen den neuen und altbekannten Gesichtern.

Herzlichen Dank Herrn Oberstleutnant a.D. Manfred Bettendorf und Herrn Oberstleutnant a.D. Jürgen Baumer sowie dem Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. für das Engagement in Lehre und Ausbildung!

Taktik macht Spaß!                                                                             

 Maj A. Preising

Reserve lernt Taktik

Teilnehmer und Organisationspersonal

Jeder Trainer und Fußballer benötigt Taktikkenntnisse und bei der Welt- oder Europameisterschaft haben wir ca. 80 Millionen Taktiker vor dem Fernseher.

24 Teilnehmer, vom Flieger bis zum Oberst der Reserve, haben sich in der Sanitätsakademie in München eingefunden, um ihre Kenntnisse im Bereich der militärischen Taktik weiter auszubauen. Am Wochenende 30. August bis 01.September 2024 fand das Taktik Aufbauseminar III (Gefechtsstandausbildung) unter der Leitung von Oberstleutnant a.D. Manfred Bettendorf und Oberstleutnant a.D. Jürgen Baumer statt. Unterstützt wurde die Veranstaltung im Bereich Aufnahme, Verwaltung und Betreuung durch die seit Jahren bewährte Kreisorganisationsleiterin der Geschäftsstelle Oberland, Frau Ines Aschbauer, die wieder als gute Seele für eine reibungslose Organisation sorgte. Ein weiterer Dank gilt auch Kameraden des Bezirksvorstandes, die bei der Durchführung im Hintergrund mit angepackt haben.

Die Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet haben, unter Anleitung durch die Taktik- und Logistiklehrer, das Handwerkszeug für eine erfolgreiche Lagebearbeitung erlernt, sich in dem Führungsvorgang geschult und das Arbeiten auf dem Gefechtsstand eines Bataillons erlernt. Nicht nur die Temperaturen haben zu rauchenden Köpfen geführt, sondern die Aufgaben und Lösungsversuche haben zu schwitzenden Teilnehmern geführt.

Ziel dieser anspruchsvollen Ausbildung ist es, den Teilnehmern die Grundzüge der Taktik zu vermitteln, ggf. bestehende Berührungsängste mit der Taktik abzubauen und Tipps und Tricks für die Arbeit auf einem Gefechtsstand zu geben. Hier sind gerade die Pausengespräche hilfreich, da sich die Teilnehmer mit ihren bereits verschiedenen Erfahrungen gegenseitig helfen können, Bilder weitergeben können und zum Austausch anregen.

Der große Erfahrungsschatz der Ausbilder, noch aus Zeiten der Volltruppe bei den aktiven Verbänden und den Truppenteilen der Reserve, die Bilder aus zahlreichen Übungen und Einsätzen vermitteln den Teilnehmern realistisch, was es dazu braucht um erfolgreich im Bereich Taktik zu bestehen. Mit Eifer arbeiten die Kameraden in ihren Arbeitsgruppen, tragen ihre Ergebnisse vor und diskutieren die Lösungsansätze, immer frei vor Furcht vorgeführt zu werden, denn lernen und ausprobieren sind Trumpf. So soll den Teilnehmern die Angst vor der Taktik genommen werden und ihnen neben dem militärischen Nutzen auch ein ziviler Nutzen vermittelt werden. Der Führungsprozess der Bundeswehr ist eine strukturierte, auch unter Zeitdruck anzuwendende Methode, um eine Situation und Aufgabenstellung zu durchdringen, herauszuarbeiten was verlangt ist, was die Rahmenbedingungen sind, welche Einflussfaktoren es gibt und welche Möglichkeiten des Handelns sich bieten um dann zu einer fundierten Entscheidung zu kommen und dies dann erfolgreich umzusetzen. Diese Fähigkeit ist auch im beruflichen Umfeld sehr gefragt und bereits manch Firmenlenker hat sich hier bei der Bundeswehr in den Führungsprozeß einweisen lassen. Ein erfolgreicher Teilnehmer an den Taktikaus-bildungen, hat somit auch einen zivilen Nutzen für seinen Arbeitgeber und dies ohne Kosten für die Firma.

Für das Jahr 2025 wurden bereits 6 neue Termine mit der Sanitätsakademie als Unterstützer mit Unterkunft, Hörsälen und Technik vereinbart, also keine Angst vor der Taktik, nutzt diese Gelegenheit zur eigenen Aus- und Weiterbildung.

Weiterführende Informationen findet man auch unter:

http://taktik-logistiklehrer.de/

Text: Oberst d.R. Kai-Uwe Mayer

Bilder Oberst d.R. Kai-Uwe Mayer und Ines Aschbauer

Taktiklehrer Oberstleutnant a.D. Bettendorf (links) bespricht Arbeitsergebnisse
Taktikhörsaal Sanitätsakademie
Taktiklehrer Oberstleutnant a.D. Bettendorf (mit Zeigestab) bespricht Arbeitsergebnisse

Taktik macht nicht nur Spaß, sondern auch Lust auf mehr!

Der Hörsaal mit seinen Ausbildern OTL a. D. Bettendorf (1. Reihe, 6. v. l.), OTL a. D. Baumer (2. Reihe, 1. v. l.) und OTL d. R. Dr. Gimmler (3. Reihe, 1. v. l.), sowie Fr. Aschbauer (2. Reihe, 2. v. l.).

München ein, um ihr taktisches Wissen im dreitägigen Grundlagenseminar Taktik (Süd) auf Bundesebene durch die berufs- und ausbildungserfahrenen Fachlehrer Taktik OTL a. D. Manfred Bettendorf und OTL a. D. Jürgen Baumer auffrischen zu lassen. Unterstützung kam durch OTL d. R. Dr. Karl-Heinz Gimmler, der aus der digitalen Ausbildung des VdRBw mit seinem Unterricht zur improvisierten Panzerabwehr bekannt ist.

Der Anreisetag begann mit einer Vorstellung des Ausbildungspersonals. Die anschließende ausführliche Erläuterung des Hauses der Taktik machte die Abgrenzung zwischen der taktischen Ausbildung auf Landes- und Bundesebene deutlich, die sich auch auf die angesprochene Zielgruppe auswirkt: Während auf Landesebene auf Ebene Kompanie ausgebildet wird, spricht die Bundesebene die Ebene eines verstärkten Kampftruppenbataillons an, weshalb ein gewisses Maß an Vorwissen zur Taktik der Teilstreitkraft Heer mitzubringen ist, um von der Ausbildung auch maximal profitieren zu können. Doch dazu später mehr. Des Weiteren wurde auch die im Aufbau befindliche Multiplikatorenausbildung für die taktische Weiterbildung der Heimatschutzkräfte vorgestellt.

Bei der folgenden Vorstellung der Teilnehmer zeigte sich wieder, dass die Reserve ein bunter Querschnitt durch die Gesellschaft ist: Der Hörsaal umspannte von der Altersstruktur mehr als drei Jahrzehnte, brachte die unterschiedlichsten zivilen Berufe vom Finanzbeamten über den Forstwissenschaftler, heilpädagogischen Förderlehrer und Zahnarzt bis zum Nautiker mit und die unterschiedlichsten militärischen Werdegänge vom langdienten Zeitsoldaten bis zum Reserveoffizieranwärter, der nach Aussetzung der Wehrpflicht seine Grundausbildung in der vierwöchigen Ausbildung Ungedienter für die Reserve nachholte.

Deutsche und österreichische Kameraden an der SanAk in München.

Selbstredend war der Hörsaal klar heeresdominiert, aber neben einigen Luftwaffenangehörigen waren auch jeweils drei Kameraden der Marine und des Sanitätsdienstes vertreten. Eine Premiere erlebten selbst die Taktiklehrer durch den österreichischen Kameraden Leutnant der Miliz Albrecht Spiess, der dank der Verbindung über die Offiziergesellschaft Wien als erster Teilnehmer unseres südöstlichen Nachbarlandes teilnahm.

Im Rahmen einer „Lagefeststellung“ wurde nun sichergestellt, dass die Teilnehmer über das nötige Vorwissen verfügen, um dem Unterricht der kommenden beiden Tage reibungslos folgen zu können. Abrufbar sein sollten unbedingt die grundlegenden militärischen Symbole, der Ablauf eines Lagevortrags zur Unterrichtung (LVU) und das Führen von Lagekarten zur Lagedar- und -feststellung.

Der erste Unterrichtsabend wurde mit der Ermunterung der Taktiklehrer, alle einem noch so unbedeutend erscheinenden Fragen zu stellen, und ihrem Versprechen, keine Frage offen zu lassen, beendet.

In den kommenden anderthalb Tagen von Samstagfrüh bis Sonntagmittag folgte ein straffer Ritt durch die Inhalte, die genau auf diesem Niveau im Rahmen der aktuellen taktischen Ausbildung der Reserveoffiziere in deren Lehrgängen vermittelt werden. Denn das ist der Sinn und Zweck des Grundlagenseminars, dieses Wissen, was bei der Mehrheit der Teilnehmer irgendwann in deren militärischer Vergangenheit angelegt wurde, wieder in Erinnerung zu rufen, um es bei den späteren Aufbaulehrgängen anwenden zu können.

Dazu gehörten im Wesentlichen die Grundlagen der Truppenführung, mit den Anforderungen an das Führungsverhalten militärischer Führer und dem Prinzip des Führens mit Auftrag einerseits und den Grundsätzen zum Einsatz von Kräften und Mitteln, also dem, was eigentlich mit Taktik gemeint ist, andererseits sowie den wichtigsten taktischen Aktivitäten. Es folgten die Grundsätze des Einsatzes der verbundenen Kräfte und des Gefechts der verbundenen Waffen mit einer umfangreichen Vorstellung der Fähigkeiten der verschiedenen Waffengattungen des Heeres und deren Zusammenwirken. Auch wurde auf die Bedeutung der beiden Aufträge der Bundeswehr, der Landes- und Bündnisverteidigung, eingegangen.

Einweisung in die Übungslage durch OTL a. D. Baumer.

Bei der anschließenden Behandlung des Führens im Einsatz mit dem besonderen deutschen Führungsprozesses der Landstreitkräfte diente die Übungslage WANTEWITZ mit PzGrenBrig 61 und dem unterstellten verstärkten PzGrenBtl 612 in der Verteidigung als Übungstruppe BLAU. Natürlich wurden auch die Einsatzgrundsätze der Kräfte ROT besprochen, mit dem Hinweis auf die Bedeutung bei der Beurteilung gegnerischer Kräfte. Der Führungsprozess wurde ausführlich dargestellt und besprochen.

Beurteilung der Lage. In der heterogenen Gruppe ist der gemeinsame Zeichenvorrat essenziell.

Auch wenn die schweißtreibende Intensität des Unterrichts durch das heiße, aber lockende, Sommerwetter vor dem Seminarraum noch verstärkt wurde, kamen Leib und Seele an diesem Wochenende nicht zu kurz! Lage und Ausstattung der Lehr- und Unterkunftsgebäude an der SanAk in München lassen keine Wünsche offen. Verpflegt wurde mittags mit voller Auswahl in der Truppenküche und abends gab es im wahrsten Sinne des Wortes eine gegrillte Extrawurst für die Mannschaft des Grundlagenseminars durch das Ehepaar Kaufmann, welches die Heimgesellschaft SansiBar betreibt und an diesem Wochenende extra geöffnet hatte.

Und so gab es am Freitag- und Samstagabend bei bestem Wetter ausreichend Gelegenheit zum kameradschaftlichen Austausch mit Taktiklehrern und Teilnehmern, um nicht nur die letzten taktischen Fragen zu klären, sondern die Kameradschaft zu pflegen und zu netzwerken. Denn die Reserve bietet über die militärische Gemeinschaft auch immer die Gelegenheit, private Verbindungen zu entdecken.

An dieser Stelle sei nicht nur das Engagement der Lehrgangsteilnehmer hervorgehoben, ein Sommerwochenende, bei einigen sogar mitten im Urlaub, größtenteils innen zu verbringen, sondern auch der Einsatz der Taktiklehrer, die das alles ebenfalls in ihrer Freizeit erst möglich machen und immer wieder aufs Neue die gleichen Inhalte vermitteln und sich unermüdlich den wiederkehrenden Fragen stellen. Aber: Nicht möglich wäre dies ohne den engagierten Einsatz der Kameradin Ines Aschbauer, die als zivile Hauptamtliche des VdRBw, OrgLeiterin der Geschäftsstelle Murnau, die Taktikseminare der Bundesebene in München organisiert, vor Ort begleitet und alle Anwesenden mit einem ständigen Strom an frischem Kaffee und einer umfangreichen Pausenverpflegung wohlbehalten durch den Tag gebracht hat.

Zum Abschluss bleibt zu sagen: Die aktuelle sicherheitspolitische Lage Europas bedarf dringend einer gut ausgebildeten und bereiten Reserve auf allen Ebenen, die ihren Anteil zur militärischen Schlagkraft der Bundeswehr beitragen kann. Wer sich nicht ohnehin in steter Übung befindet, dem sei die taktische Aus- und Weiterbildung des Arbeitskreises der Taktik- und Logistiklehrer im Reservistenverband wärmstens empfohlen. Und wer nicht gerade die Reserveoffizierausbildung an der Offizierschule des Heeres abgeschlossen hat, dem sei das Grundlagenseminar ans Herz gelegt, um auf die anschließenden Aufbaulehrgänge ausreichend vorbereitet zu sein. Denn am Ende der Seminarreihe lockt ein sicher einmaliges Erlebnis, die SIRA (Simulationsgestützte Rahmenausbildung) in Hammelburg, bei der man im simulierten Gefecht in unterschiedlichen Funktionen bei dem verstärkten PzGrenBtl 514 oder bei der Übungstruppe ROT beziehungsweise im Leitungsdienst als Finale der Ausbildungsreihe mitwirken kann.

Noch eine kleine Empfehlung: Die im Voraus zur Verfügung gestellten, umfangreichen Unterlagen dienen nicht nur zum Ausdrucken. Wissenslücken bei den oben genannten Voraussetzungen können und sollten damit geschlossen werden. Es wird empfohlen, die Befehle der PzGrenBrig und des PzGrenBtl einmal durchzuarbeiten und an den Operationsplänen in Verbindung mit der vermuteten Absicht des Feindes abzugleichen.

Carolina Allin, OTL d. R.

Mit „Glückauf“ zur Entscheidungsfindung – Taktik Grundlagenseminar in Unna

Vom 12. – 14.04.2024 wurde das Grundlagenseminar Taktik für Reserveoffiziere und Unteroffiziere mit Portepee durch den Landesverband Nordrhein-Westfalen des Reservistenverbandes in Unna angeboten. 21 Reservisten nahmen dieses Angebot gerne an und reisten am Freitag in die Glückauf-Kaserne. Vor Ort wurden Sie von M d.R. Grünner begrüßt und in den Ablauf des Lehrgangs, sowie in die Örtlichkeiten der Liegenschaft eingewiesen. Das Ziel des Seminars war es, Grundlagen der Taktik zu legen, beziehungsweise vorhandene Kenntnisse aufzufrischen und der neuesten Vorschriftenlage anzupassen.

Zur Eröffnung der Ausbildung wurde ab 18 Uhr durch den gesamtleitenden Taktiklehrer OTL d.R. Dr. Vahl eine allgemeine Vorstellungsrunde durchgeführt, in der die sehr unterschiedlichen Vorkenntnisse und Erwartungshaltungen abgeglichen wurden. Die sehr heterogene Zusammensetzung der Ausbildungsgruppe aus allen Teilstreitkräften – vom Flottillenarzt bis zum Zugführer eines Panzerzuges, vom Obergefreiten (OA) bis zum Oberst in der zivil-militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) wurde offensichtlich. Ein Hauptmotiv der Teilnehmenden zog sich durch alle Dienstgradgruppen und Uniformträgerbereiche: Erkenntnisgewinn zur Führung von Streitkräften in der wieder zum Schwerpunkt gewordenen Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV). Dazu wurde zunächst eine Auffrischung zum Thema Stabsarbeit und militärische Symbole vermittelt, um in der Folge darauf aufbauen zu können.

Der Samstag startete thematisch mit den Grundlagen des Führungsverhaltens von militärischen Führern und dem Konzept der Auftragstaktik. Im Anschluss wurden die aktuellen Begrifflichkeiten zu Operationsarten und Gefechtshandlungen in Landoperationen vermittelt und diese zu älteren Begrifflichkeiten abgegrenzt. Den Teilnehmern wurden die Beiträge der einzelnen Truppengattungen aufgezeigt, die Bedeutung der Aufklärung, der Kampfunterstützung und von Feuer und Bewegung verdeutlicht. Für das Gefecht der verbundenen Waffen diskutierten die Teilnehmer die Koordination von Infanterie, Panzertruppen, Artillerie und Luftwaffe und erhielten Einblicke in deren Einsatzgrundsätze, um die Kräfte optimal einzusetzen. Dabei wurden im Schwerpunkt die Einsatzgrundsätze der eigenen Truppen (BLAU) in der Verteidigung und die Einsatzgrundsätze eines potenziellen Gegners im Angriff (ROT) behandelt.

Als weitere Grundlage wurden die korrekte Vorbereitung einer Lagekarte, sowie das Führen dieses wichtigen Führungsmittels durchgesprochen. Anhand der Lage WANTEWITZ des Taktikzentrums des Heeres, wurde dann der Deutsche Führungsprozess der Landstreitkräfte angegangen. Der lange Ausbildungstag gipfelte zunächst offiziell in der Lagefeststellung, bevor sich im Anschluss beim Genuss des „Abschlussbieres“ weitere Diskussionen bis in die Nacht entwickelten.

Am Sonntag wurde fortgesetzt und im dialogischen Prinzip die Entscheidungsfindung nach Erhalt eines neuen Auftrages durchgearbeitet. Die Teilnehmer, gedanklich in der Lage eines Bataillonskommandeurs, mussten unter anderem in Arbeitsgruppen selbständig die Möglichkeiten des Handels in dieser Lage erarbeiten und grafisch darstellen. Die jeweiligen Vor- und Nachteile wurden gegeneinander abgewogen und die Lösung mit der größten Erfolgsaussicht als Entschluss des Bataillonskommandeurs abgeleitet. In diesem Zusammenhang konnte klar erkannt werden, dass Einfachheit und die besondere Berücksichtigung der Geofaktoren, sowie das koordinierte Zusammenwirken mit den Kampfunterstützern der Schlüssel zum Erfolg in der beweglich geführten Verteidigung sind.

Beim abschließenden Mittagessen war die einhellige Meinung im Kreis der Teilnehmer, dass durch dieses Wochenende eine gute Grundlage gelegt wurde, die im Rahmen von weiteren Veranstaltungen ausgebaut werden sollte.

O. Grünner/M. Vahl

Frei denken, zweckmäßig handeln: Das Taktik Aufbauseminar I Ost in Delitzsch, 22.03.-24.03.2024

Die Lehrgangsteilnehmer setzten sich aus Offizieranwärtern, Offizieren,
Unteroffizieren, sowie zivilen Mitarbeitern der Bundeswehr zusammen

Weiterbilden und Beüben sind ein kontinuierlicher Prozess in der Ausbildung zum militärischen Führer. Ist dieser nicht mit der persönlichen Weiterentwicklung gebunden, festigt er sein bereits erlerntes Können, um Handlungssicherheit zu erzeugen und auch unter schwierigen Bedingungen als militärischer Führer zu bestehen. Die Königsdisziplin bildet hier sicherlich das Führen im Gefecht.

Um die Handlungssicherheit im Bereich Einsatzplanung eines Verbandes in der Verteidigung zu vertiefen, besuchten 17 Reserveoffiziere und –unteroffiziere vom 22.03.-24.03.2024 das Taktik Aufbauseminar I in Delitzsch. Nach dem Eintreffen der letzten Teilnehmer und einer Einweisung in die Rahmenlage, erfolgte am Freitagabend bis 21 Uhr der erste Unterricht durch die Dozenten OTL a.D. Baumer und OTL a.D. Guttau zu den Grundlagen der Verteidigung Kräfte BLAU.

Hieran anknüpfend begannen ab Samstagmorgen die ersten Gruppenarbeiten, die fortfolgend den Schwerpunkt des Seminars bildeten. Die insgesamt 4 Arbeitsgruppen erarbeiteten dabei unter stetigem Zeitdruck (Zeitansätze von 20 Minuten) Lagevorträge zur Unterrichtung, werteten Aufträge aus und brachen Brigade-Befehle auf Bataillonsebene herunter. Schnell wurde dabei deutlich, wie wertvoll der Faktor Zeit ist. „Zeit haben Sie nie genug. Das ist ihr kostbarstes Gut”, verdeutlichten die Dozenten. Dass paralleles Arbeiten, zweckmäßige Aufgabenverteilung und das Nutzen etablierter Arbeitsstrukturen zum Erfolg führen, wurde den Teilnehmern entsprechend schnell bewusst. Zusätzlich wurde das vorhandene Wissen durch vertiefende Unterrichte zum Thema Führungsprozess weiter gefestigt.

Unter Nutzung des Führungsprozess arbeiteten sich die Gruppen anschließend durch die einzelnen Schritte der Entscheidungsfindung und formulierten nach erfolgter Beurteilung der Lage ihren Entschluss. Im nächsten Schritt – der Planung – war neben taktischem Verständnis nun auch Kreativität gefragt. Hierbei betonten die Dozenten, dass ein “über den Tellerrand schauen” und freies Denken unter Verwendung einheitlicher Grundsätze die Verteidigung dynamisch gestaltet und dem Gegner letztendlich den eigenen Willen aufzwingt. Diese Freiheit im Handeln bildet dann einen entscheidenden Faktor für den Erfolg des Gefechts.

Um die Lehrgangsinhalte und den Führungsprozess abschließend als komplexen Ablauf anzuwenden, mussten die Lehrgangsteilnehmer am Sonntagmorgen durch die Erstellung einer Prinzipskizze und der dazugehörigen Formulierung der eigenen Absicht in Entschlussform ihren Lernerfolg unter Beweis stellen. Auch die Verwendung einer einheitlichen militärischen Sprache und das Auftreten als militärischer Führer wurden dabei geprüft. Hier konnten die Teilnehmer erneut auf die wertvollen Evaluierungen der Dozenten zurückgreifen und die vorangegangenen Ausbildungsthemen in einer zusammenführenden Aufgabenstellung praktisch umsetzen. Die durchweg positiven Rückmeldungen an die Dozenten, die stets mit ihrem fundierten Wissen und breiten Erfahrungswerten zur Verfügung standen, sowie der große Lernerfolg der Teilnehmer ließen das Taktik Aufbauseminar I Ost schlussendlich als sehr gelungene Veranstaltung ausklingen.

HOFFMANN, Lt d.R.

Von den Besten lernen: Taktik Grundlagenseminar Süd 01.-03.03.2024 in MÜNCHEN

Gruppenfoto der Lehrgangsteilnehmer/innen und der Ausbilder


Generationen von Schülern haben sich die Frage gestellt, wozu man lineare Gleichungssysteme
oder den Gaußschen Algorithmus im Leben braucht. Ungezählt jene, die an Mathe verzweifelt sind.
Und nicht allzu lange, nachdem die Schulzeit erfolgreich abgeschlossen wurde, verschwand das
Erlernte aus dem Kopf. Auch die Inhalte unserer Unteroffiziers- bzw. Offiziersausbildung geraten in
Vergessenheit. Oder könnten Sie aus dem Stehgreif das Führen von Kräften und Mitteln in
Landoperationen nach dem Prinzip der Operation verbundener Kräfte prozessual erklären?


Zwar versteht sich die erfolgreiche Truppenführung als kreativer, schöpferischer Prozess, und
gewährt insofern Spielräume. Das allein reicht indes nicht aus. Zum Gelingen bedarf es auch
einiger fester Grundsätze und einer systematischen Vorgehensweise gemäß dem deutschen
„Führungsprozess der Landstreitkräfte“. Der Arbeitskreis Taktiklehrer im Reservistenverband hat
sich zum Ziel gesetzt, dieses Wissen weiterzugeben. In didaktisch sinnvoll aufeinander
aufbauenden Modulen werden Grundlagen geschaffen und vertieft. Zunächst theoretisch in Wort
und Bild, dann an der Landkarte, schließlich im Gelände. Den Höhepunkt der Ausbildung bildet ein
einwöchiger Aufenthalt in Hammelburg, um im Simulationssystem für Rahmenübungen (SIRA) in
einer computergestützten Gefechtssimulation Handlungssicherheit bei Führungsprozessen von
Zug- bis auf Bataillonsebene zu trainieren.


Beim Taktik Grundlagenseminar Süd erfuhren 35 Reservistinnen und Reservisten und Studierende
der UniBw eine Wiederauffrischung des Führungsprozesses der Landstreitkräfte an der SanAkBw
(01.-03.03.2024). Die Teilnehmenden spiegelten das bunte Bild wider, das die Reservearbeit so
einzigartig macht: Hochmotivierte Frauen und Männer, vom Studenten bis zum Rentner, vom
Fahnenjunker SanOA über Stabsfeldwebel bis zum Oberstarzt. Geeint im Bestreben, von der
langjährigen Erfahrung der hervorragenden Lektoren OTL a.D. Jürgen Baumer und OTL a.D.
Manfred Bettendorf zu profitieren. Zur Einleitung wurden formale Fragestellungen, taktische
Symbole und das Führen von Lagekarten wiederholt. Dann folgten die Grundsätze des
Führungsverhaltens, die Auftragstaktik und das Rollenverständnis des militärischen Führers. Die
beiden Vortragenden beantworten zahllose Fragen aus dem Plenum, lockerten das Seminar durch
praktische Beispiele und Filme verschiedener Informationslehrübungen (ILÜ) auf. Das Gefecht der
verbundenen Waffen – Pz, PzGren, Art, Pi, AufKl, OpInfo, Lw – wurde visuell erlebbar, wie auch der
Aufbau und der Betrieb eines Gefechtsstands. In den Kaffeepausen wurde weiterdiskutiert,
hinterfragt, verstanden. Und sich vernetzt. Zu einer bemerkenswerten Break out-Session war OTL
d.R. Dr. Gimmler angereist, um zum aktuellen Stand des Einsatzes von Drohnen auf dem
modernen Gefechtsfeld zu referieren. Der langjährige Pächter des Heimbetriebs „San-Si-Bar“, Paul
Kaufmann, bewirtete die Lehrgangs-Teilnehmenden am Samstagabend mit feinstem
Rindsgulasch, Rotkraut und selbstgemachten Klößen. In Windeseile verstrich die Zeit!


Nachdem die theoretischen Grundsätze der ÜbTr “BLAU“ und „ROT“ vermittelt waren, folgte am
letzten Seminartag die angeleitete Anwendung des Erlernten. Am Beispiel der Lage WANTEWITZ
arbeiteten sich die Teilnehmenden gemeinsam durch den Führungsprozess mit seinen immer
wiederkehrenden Schritten Lagefeststellung, Entscheidungsfindung (mit AdA, BdL und dem
folgerichtigen Entschluss), Planung, Befehlsgebung und der sich daran anschließenden
Erfolgskontrolle. Welche Freude bereitet ein Seminar, wenn man bei der Auswertung des Auftrags
die eigene Wesentliche Leistung richtig einzuschätzen lernt!


Der Arbeitskreis Taktiklehrer im Reservistenverband bietet auf seiner Homepage einen Überblick
und Anmeldemöglichkeiten für alle angebotenen Seminare (http://taktik-logistiklehrer.de/).


Verfasser: Oberstleutnant d.R. (vorl.) Christian Koenig

Taktische Weiterbildung in Niedersachsen:

„Das PzBtl 43 im Angriff“

Am ersten Novemberwochenende 2023 war es wieder so weit. Die Landesgruppe Niedersachsen des Reservistenverbandes lud alle Interessierten Reservisten der Laufbahngruppen Uffz und Offz zur taktischen Weiterbildung auf den Fliegerhorst nach Wunstorf ein. Unter der Leitung von Taktiklehrer Oberst d. R. Biester und mit organisatorischer Unterstützung durch Oberstleutnant d. R. Pratje konnten die Teilnehmer ihr Wissen zum Thema Taktik in der OHG des Fliegerhorstes erweitern.

In dieser Veranstaltung wurde an Hand einer Lage des fiktiven PzBtl 43 im Angriff grundlegende Dinge zum Thema besprochen. Bei der Einweisung in die Lage wurde bei der Aufklärung die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten der Gefechtsfeld- und der Spähaufklärung erarbeitet und vertieft.

Im Anschluss folgte eine Einweisung in die Begrifflichkeiten eines Operationsplans einschließlich der unterschiedlichen Phasen eines Angriffs. Nachdem nun ein einheitliches Verständnis in den zu nutzen Definitionen hergestellt wurde, wurde der Auftrag des angreifenden PzBtl ausgewertet.

Der Samstag begann mit dem Vortrag der Ergebnisse des Vorabends. Als nächstes wurde das computertechnische Geschick der Teilnehmer benötigt. Der Auftrag war, eine Prinzipskizze mit dem PC zu erstellen, die einerseits zeitliche und räumliche Verfügbarkeiten der einzelnem Manöverelemente in dieser Lage darstellte und anderseits auch die Handlungsoptionen klar und deutlich aufzeigten. Es folgte eine anschließende Diskussion über die gefundenen Möglichkeiten des Handelns.

Die weitere Bearbeitung der Lage wurde an dieser Stelle durch einen Vortag zu aktuellen Entwicklungen in der Bundeswehr „unterbrochen“.

In einem Vortrag wurde die Ziele der Digitalisierung der Bundeswehr mit dem „Battle Management System“ (BMS) SitaWare der Fa. Systematic vorgestellt. Hierdurch bekamen die Teilnehmer einen kleinen Eindruck zu den Möglichkeiten der zukünftigen digitalen Gefechtsführungen.

Nach diesem kurzen Ausblick in die Zukunft ging die Reise zurück in die Gegenwart und somit in die Lage des PzBtl 43. Eine Lageänderung machte den Einsatz der Artillerie erforderlich. Dieses Ereignis nutze Oberst d.R. Biester um an dieser Stelle kurz das Verfahren zum Einsatz der Artillerie und deren Möglichkeiten zu erläutern.

Zum Abschluss des zweiten Fortbildungstages hatten die Teilnehmer noch ihren Entschluss zu formulieren und vorzustellen.

Neben der eigentlichen Lagebearbeitung wurden im Rahmen dieser Fortbildung mehrere darüberhinausgehende Themen und Inhalte vermittelt, so dass es sich für alle Teilnehmer eine lohnende Fortbildung war.

Grünner, Major d.R.

„Wislanische Kräfte in Divisionsstärke rücken von Norden aus auf den Raum nördlich Meißen vor!“

Das Szenario ist bedrohlich, das im Aufbauseminar „Planung des Einsatzes eines Verbandes in der Verteidigung“ des Arbeitskreises Taktik- und Logistiklehrer im Reservistenverband an der Sanitätsakademie München am letzten Augustwochenende ausgebildet wurde. Nun geht es darum, die Verteidigung gegen feindliche Kräfte in Divisionsstärke vorzubereiten und zu organisieren. Der übergeordnete Brigadestab, PzGrenBrig 61, hat die Befehlsausgabe an die unterstellten Bataillone abgeschlossen und die Kommandeure sind auf dem Rückweg zu ihren Gefechtsständen. Die Seminarteilnehmer in der Rolle des Kommandeurs und seines Bataillonsstabes müssen nun mit Hilfe des Führungsprozesses einen Operationsplan für das verstärkte PzGrenBtl 612 entwickeln.

Im Rahmen der Ausbildung hatte das Seminar hohen Besuch.  Der Stellvertreter des Präsidenten des Reservistenverbandes, MdB Thomas Erndl, wollte sich ein Bild von der Ausbildung machen, sich über den Teilnehmerkreis der Taktikseminare informieren und er stellte sich den Fragen der Teilnehmer. MdB Erndl, der auch stellvertretener Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages ist, war noch tags zuvor in Kiew und hatte dort unter anderem mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij Gespräche geführt. Dementsprechend neugierig waren die Teilnehmer auf die Eindrücke, die er aus der Ukraine mitbrachte. Er hatte auch ein offenes Ohr für unsere Probleme, Sorgen und Ideen, die er gerne für seine parlamentarische Arbeit als auch ins Präsidium des Reservistenverbandes mitnahm.

Wir, das ist eine sehr bunte Gruppe an Reservisten verschiedenster Dienstgrade, Truppengattungen und Teilstreitkräfte aus dem ganzen Bundesgebiet, beorderte oder nicht beorderte Reservisten, im zivilen Leben Führungskräfte, Lehrer, Unternehmensberater, Professoren, Ingenieure, Sanitäter und Ärzte. Diese inhomogene Gruppe galt es zunächst zusammenzuführen und auf einen Wissensstand zu bringen.

Die Seminarleiter, beide erfahrene und langjährige Taktiklehrer der Bundeswehr, Oberstleutnant a.D. Jürgen Baumer und Oberstleutnant a.D. Manfred Bettendorf, mit viel Erfahrung in internationalen Stäben, und geprägt durch viele Auslandseinsätze brachten uns zunächst mit einem Grundsatzunterricht auf einen einheitlichen Wissensstand. Danach führten sie uns schrittweise durch den Führungsprozess: „Was ist Ihre wesentliche Leistung? Was wird von Ihnen erwartet?“ Diese Frage steht im Mittelpunkt der Analyse der Absicht der übergeordneten Führung, damit werden wir immer wieder konfrontiert.

Im Wechsel zwischen Gruppenarbeit und Vortrag der Ausbilder wurde die Auswertung des Auftrages und die Geländebeurteilung erarbeitet. Die Beurteilung des Geländes nach dem Prinzip Ansprechen-Beurteilen -Folgern, zeigt auf welche Vorteile / Nachteile es für den Feind und für die eigene Truppe bietet und gibt damit die ersten Hinweise über Stellungsmöglichkeiten, Einsatz von Pz und PzGren und Möglichkeiten der Unterstützung durch KpfUstg. Anhand der Zeitlinie mussten wir überlegen, wie man Zeit für die Vorbereitung der Stellung gewinnen kann durch rechtzeitige Information des unterstellten Bereiches durch Vorbefehle.  Im nächsten Schritt war dann zu klären, wer kommt da eigentlich auf uns zu? Wir diskutieren die Einsatzgrundsätze der Kräfte Rot, die ebenso wie wir eine Art Gefecht der Verbundenen Waffen besitzen, diskutieren ihre Schwächen. In Gruppenarbeit ermittelten wir Kampfkraft und Absicht der einzelnen Feindkräftegruppierungen um dann aus Feindsicht zu überlegen, welches die beste und die schlechteste Option für den Angriff des Feindes in unserem Verantwortungsbereich ist.  Die für unser Bataillon schlechteste Handlungsmöglichkeit der roten Kräfte wurde in Entschlussform die Grundlage für die weitere Bearbeitung genommen. Auch hier spielte das Gelände einen wesentlichen Punkt. Nutzen Sie das Gelände aus! Das Gelände ist der Freund des Verteidigers.

Besonders anspruchsvoll ist dabei, eine Vorstellung des Geländes zu entwickeln, dieses in Einklang mit den Kenntnissen der Einsatzgrundsätze der Kräfte Blau und Rot und dieses mit dem Führungsprozess unter einen Hut zu bringen.

In der Realität muss dieser Prozess sehr schnell ablaufen, die Ausbilder geben uns sechs Stunden vor, Zeit, die uns natürlich nicht ausreicht. Am Sonntag Vormittag erarbeiten und bewerten wir unsere Möglichkeiten des Handelns, formulieren diese in Entschlussform, erstellen den Kampfkraftvergleich und Wägen Vor- und Nachteile der Handlungsmöglichkeiten ab.  Zum Schluss erreichten wir unser Ziel; die vorteilhafteste Handlungsmöglichkeit wurde zum Entschluss und somit zur Ziffer 3a des BtlBefehls. Danach erstellten wir noch den OpPlan und die TrEinteilung.  Die Ausbildung der Taktiklehrer ist Teil eines über mehrere Seminare laufenden Ausbildungsprogramms, an dessen Ende eine umfassende, sieben Tage lange Simulationsübung mit dem SimSys SIRA steht.  Diese soll erneut im Oktober 2024 durchgeführt werden. Voraussetzung zur Teilnahme ist, am Grundlagenseminar, und an einem oder an beiden Aufbauseminaren sowie an der Gefechtsstandausbildung teilgenommen zu haben.  Alle Seminare und deren Inhalte sind auf der Internetseite des Arbeitskreis TaLoLe eingestellt und können unter der Internetadresse

 www.taktik-logistiklehrer.de

eingesehen werden.

Frau Ines Aschbauer, die Organisationsleiterin der Geschäftsstelle MURNAU, hatte das dreitägige Seminar in Vorbereitung und Organisation “voll im Griff“, so dass sich alle wohl fühlten.

Autor: Markus Heller, M.A., OSGdR

Stellvertretender Präsident des Verbandes der Reservisten der Bundeswehr e.V.  (VdRBw), Thomas Erndl, MdB, beobachtet Reservisten bei der Führung des „Panzergrenadierbatallion 612“ in der Verteidigung